Seit Ende März ist die Ausstellung „Japans Meisterwerke der Holzarchitektur“ des Fotografen FUJITSUKA Mitsumasa im Berliner Rathaus zu besichtigen.
Im Folgenden möchte ich sie ein wenig vorstellen und auch über ihre offizielle Eröffnung berichten, an der ich am 28. März teilgenommen habe.
Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt zwischen dem Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin und dem Japanischen Kulturinstitut Köln (The Japan Foundation) in Zusammenarbeit mit der Senatskanzlei Berlin und der Botschaft von Japan in Deutschland.
Aktuelle Ausstellung im Roten Rathaus
In Ihrem Grußwort zur Eröffnung sagte Staatssekretärin Ana-Maria TRĂSNEA unter anderem: "Obwohl rund 9.000 Kilometer zwischen Japan und Deutschland liegen, sind wir durch eine solide Brücke verbunden. Berlins Partnerstadt Tōkyō ist für uns ein besonders wichtiger Partner. Es ist uns eine Ehre, diese Ausstellung zum Abschluss des 160-jährigen Jubiläums der deutsch-japanischen Freundschaft präsentieren zu können".
Professor AIZAWA Keiichi, Direktor des Japanischen Kulturinstituts in Köln, kam in seiner Grußbotschaft auch auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen: "Die Ausstellung kann zwar wohl nicht direkt zur Beendigung der Gewalt oder zur Hilfe für die Opfer beitragen, dennoch bin ich davon überzeugt, dass Kultur und Kunst inmitten der unmenschlichen Gräueltaten, die gerade jetzt in diesem Augenblick dort stattfinden, uns alle daran zu erinnern vermag, zu welch wunderbaren kreativen Leistungen der Mensch eigentlich auch in der Lage ist. So hoffe ich, dass diese Ausstellung in Ihren Herzen in guter Erinnerung bewahrt bleiben möge".
Da der Fotograf FUJITSUKA Mitsumasa leider nicht nach Deutschland kommen und der Veranstaltung beiwohnen konnte, wurde sein Grußwort durch Frau Kiyota Tokiko, der stellvertretenden Generalsekretärin des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin, verlesen. Die Anziehungskraft traditioneller japanischen Holzarchitektur legte er wie folgt dar: „Es trifft zu, dass Japans traditionelle Holz-Architektur den Naturkatastrophen und Kriegsbränden kaum etwas entgegensetzen konnte. Auch ist diese Bauweise für praktische, moderne Mehrgeschossbauten nicht geeignet. Dies Problem sollte mit Beginn der Meiji-Zeit im Jahre 1868, durch Einführung westlicher Bauweise überwunden werden. Doch die Lebensdauer dieser Bauten beträgt bestenfalls 100 bis 140 Jahre. Japans Holzkonstruktionen existieren in ihrer ursprünglichen Form aber so, wie sie vor Hunderten von Jahren gebaut wurden. Es sind Konstruktionen, die Geschichte in dreidimensionaler Form erfahrbar machen und als „Zukunftsarchitektur“ an die nächste Generation weitergegeben werden sollen."
Als Letztes wurde eine Botschaft von Herrn FUJITSUKAs Freund, dem berühmten Architekten KUMA Kengo, verlesen: „Mögen FUJITSUKAs Fotografien die Essenz der Holzarchitektur Japans der Welt näherbringen!“
Die Ausstellung basiert auf dem 2014 erschienenen japanischsprachigen Bildband (Sekai Bunka Sha Verlag), der 2017 unter dem Titel "Japan's Wooden Heritage: A Journey Through a Thousand Years of Architecture" als englischsprachige Ausgabe erschienen ist (Text: FUJIMORI Terunobu, Fotografien: FUJITSUKA Mitsumasa, Erläuterungen: KOSHIHARA Mikio, Japan Publishing Industry Foundation for Culture). Im Herbst 2018 fand die erste Ausstellung von FUJITSUKAs Fotografien in Deutschland im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin statt. Sie wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Japanischen Kulturinstitut Köln realisiert.
Da die Ausstellung außerordentlich gut bei den Besuchern ankam, entschloss man sich eine neue Ausstellungsserie herstellen zu lassen, welche die Fotografien noch besser zur Geltung bringen sollte.
In der Ausstellung werden 23 Holzgebäude vorgestellt. Die Auswahl ist außergewöhnlich. Neben Aufnahmen von für Japan typischen Holzbauten, welche vielen sicher bekannt vorkommen, wie etwa die Bilder des Itsukushima-Schreins (Präfektur Hiroshima), der Kintai-Brücke (Präfektur Yamaguchi) oder der Haupthalle des Izumo-Taisha-Schreins (Präfektur Shimane), werden auch Aufnahmen von Bauten gezeigt, die den Betrachter überraschen und zum genaueren Hinschauen animieren sollen.
Ein besonderes Beispiel hierfür ist sicher die Halle Kannon-dō des Kasamori Tempels in der Präfektur Chiba, welche aus dem Jahr 1028 stammt. Es handelt sich um das einzige Gebäude dieser Art in Japan, das im Shihō-Kake-zukuri-Baustil (Vierseiten-Überbau-Stil) errichtet ist, einer stabilen Holzgitterstruktur-Bauweise, welche in vier Richtungen einen Berggipfel überbaut. Der Tempel stützt sich dabei auf 61 Säulen in unterschiedlicher Länge. Er sieht, wie er so auf der Spitze eines felsigen Hügels steht, schon von außen sehr spektakulär aus. Der Fotograf FUJITSUKA begab sich für seine Aufnahmen aber unter die Konstruktion des Tempels und lichtete die Säulen so ab, dass sie aussehen als würden sie den felsigen Hügel umarmen. „Da die heilige Kannonfigur auf einem Berg mit weichem Grund gebaut wurde, musste die Spitze des Berges vor Außeneinwirkung geschützt werden, was wohl zu dieser eigenartigen Konstruktion führte", vermutet der Fotograf. Der Betrachter kann die Weisheit und das Können seiner Erbauer von vor mehr als tausend Jahren nur mit Bewunderung zur Kenntnis nehmen.
Tempel Kasamori-ji © FUJITSUKA Mitsumasa
Tempel Kasamori-ji-Unterbau © FUJITSUKA Mitsumasa
KAWAUCHI Akiko, welche die Kulturabteilung des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin leitet, und die unter anderem mit der Planung und Vorbereitung der Ausstellung betraut war, beschreibt den Reiz von FUJITSUKAs Fotografien folgendermaßen: „Ein Charakteristikum von FUJITSUKAs Fotografien ist, dass sie nicht nur das Äußere, sondern auch die Struktur eines Gebäudes aufzeigen, was auf dem starken Wunsch des Fotografen beruht zu erfahren, wie das Gebäude konstruiert wurde. Seine Bilder sind daher oft aus für Architekten attraktiven Perspektiven aufgenommen." Dies erklärt vielleicht, warum die Ausstellung auf so großes Interesse in Architekturkreisen stieß, als sie im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin gezeigt wurde.
Man muss sich jedoch nicht besonders für Architektur interessieren, um die Fotografien beeindruckend zu finden, beispielsweise das Bild vom Ōtaki-Schrein in der Stadt Echizen in der Präfektur Fukui, dessen geschwungenes Dach, welches nach dem Regen im hellen Tageslicht schimmert, glasig lebendig wirkt, als wäre es die Haut eines Lebewesens..
Schrein Ōtaki-Jinja © FUJITSUKA Mitsumasa
Zu den Highlights der Ausstellung zählten für mich die Aufnahmen vom Aizu Sazae-dō in Aizu Wakamatsu aus der Präfektur Fukushima. Die 1796 erbaute Halle hat eine Doppelhelix Struktur mit separaten Treppenläufen als Auf- bzw. Abgang. Früher waren 33 Statuen des Bodhisattva in den Nischen entlang der Innenrampe aufgestellt, die von den Besuchern nacheinander zur Anbetung aufgesucht werden konnten. Die Halle erinnert von der Struktur her an die Dachkuppel des Reichstagsgebäudes in Berlin. Als ich mich fragte, wie diese komplexen und surrealen Konstruktionen in einem Zeitalter ohne Computer entworfen und gebaut werden konnten, wurde mir klarer, was FUJITSUKA unter dem Begriff "Zukunftsarchitektur" versteht, ich denke er bezeichnet damit Architektur, die es gilt, an nächste Generationen weiterzugeben.
Halle Aizu Sazae-dō © FUJITSUKA Mitsumasa
Halle Aizu Sazae-dō-innen © FUJITSUKA Mitsumasa
„Wenn ich traditionelle Holzbauten fotografiere, kann ich die Vision des Architekten und des Bauherrn nachvollziehen. Ich spüre die Weisheit und das Geschick des Baumeisters, die Freude über die Fertigstellung des Bauwerkes und das Staunen der Menschen darüber. Auf diese Weise kann ich auch in Dialog mit den Menschen von vor tausend Jahren treten, was ich wunderbar finde“ (FUJITSUKA Mitsumasa - aus den Eröffnungsworten zur Ausstellung). Die Holzarchitektur, die FUJITSUKA in seinen Fotografien zeigt, ist reich an Überraschungen und es macht große Freude sie sich anzuschauen.
Rotes Rathaus @JDZB (links) @ June UENO (rechts)
FUJITSUKA Mitsumasas Fotografieausstellung „Japans Meisterwerke der Holzarchitektur“ Fotografien von FUJITSUKA Mitsumasa " ist noch bis zum 29. April (Mo-Fr 9-18 Uhr) im Berliner Rathaus (Rotes Rathaus) zu sehen (Eintritt frei). Seien Sie herzlich eingeladen das Wesen japanischer Holzarchitektur hier nachzuempfinden. Zur Ausstellung gelangen Sie am besten über die Station der U5: „Rotes Rathaus“. Das 1869 fertiggestellte Rathaus aus rotem Backstein ist selbst architektonisch interessant und unbedingt einen Besuch wert.